Unternehmensbewertung - Zugewinnausgleich, Erbauseinandersetzungen
Ansprüche im Familien- und Erbrecht - IDW S 13
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat im Standard: Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von
Ansprüchen im Familien- und Erbrecht (Stand 06.04.2016) die Besonderheiten aufgeführt, die Wirtschaftsprüfer bei der
Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ausgleichs- bzw. Auseinandersetzungsansprüchen bei Sachverhalten des Familien- bzw.
Erbrechts zu beachten haben. Der Standard hat die IDW Stellungnahme des Hauptfachausschusses: Zur Unternehmensbewertung im
Familien- und Erbrecht (IDW St/HFA 2/1995) ersetzt.
Im Folgenden sind einige wesentliche Aspekte des Standards aufgeführt.
IDW Standard S 1Unternehmensbewertungen für vermögensrechtliche Auseinandersetzungen im Familien- und Erbrecht sind vom
Wirtschaftsprüfer anhand des IDW Standards S 1 "Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen" vorzunehmen. Ausnahmen
können vertragliche Vereinbarungen wie Eheverträge mit fixierten Vorgaben darstellen.
Der Standard S 1 beinhaltet die Heranziehung einer Unternehmensplanung zur Ermittlung des Unternehmenswertes, da der Wert
durch die zukünftig entstehenden und entziehbaren finanziellen Überschüsse bestimmt wird. Eine unbesehene Übernahme von
Vergangenheitswerten ist nicht zulässig.
MethodenstetigkeitWährend die Bewertung des Endvermögens in der Regel zu einem Bewertungsstichtag aus den
letzten Jahren vorzunehmen ist, beinhaltet die Bewertung des Anfangsvermögens teilweise einen weit zurückliegenden
Stichtag. Zu diesem früheren Stichtag können noch andere Bewertungsmethoden vorherrschend gewesen sein. Die Bewertung
ist für beide Stichtage nach der aktuell in der Theorie und Praxis anerkannten Bewertungsmethode und somit einheitlich vorzunehmen.
StichtagsprinzipUnternehmensbewertungen erfolgen für Zwecke des Zugewinnausgleichs und für erbrechtliche Auseinandersetzungen
häufig erst Jahre nach dem Bewertungsstichtag; insbesondere wenn beim Zugewinnausgleich auch der Wert des Unternehmens für das
Anfangsvermögen ermittelt werden muss. Bei der Bewertung sind nur die Erkenntnisse heranzuziehen, die bei angemessener Sorgfalt
bereits zum damaligen Stichtag verfügbar bzw. wenn Entwicklungen aus bereits eingeleiteten Maßnahmen absehbar waren.
Eine Bewertung anhand der tatsächlichen Jahresergebnisse nach dem Bewertungsstichtag ist nicht zulässig. Die der Bewertung zu
Grunde liegenden Planungswerte können daher durchaus erheblich von den eingetretenen Ist-Werten abweichen.
UnternehmerlohnDie Gewinn- und Verlustrechnungen von Einzelunternehmen und Personengesellschaften enthalten
in der Regel keine Betriebsausgaben für die Tätigkeit des Inhaber bzw. der Gesellschafter (sogenannter Unternehmerlohn).
Der Gewinn des Unternehmens setzt sich daher aus einer Vergütung für den Einsatz von Kapital und einer Vergütung für die
Tätigkeit des Inhabers zusammen.
Im Rahmen einer Unternehmensbewertung sind kalkulatorische Vergütungen zur Eliminierung
der Tätigkeiten des Inhabers bzw. der Gesellschafter anzusetzen. Entsprechend den BGH-Urteilen vom 02.02.2011 (XII ZR 185/08)
und vom 09.02.2011 (XII ZR 40/09) ist ein den individuellen Verhältnissen des Inhabers entsprechender Unternehmerlohn
in Abzug zu bringen (Arbeitszeit, Qualifikation). Mit der Person des Inhabers zusammenhängende Faktoren, die zu einer nur
temporär oder nicht übertragbaren Übertragbarkeit der Ertragskraft führen, sind nicht beim Unternehmerlohn zu erfassen.
Die Erfassung erfolgt bei den Umsatzerlösen und den damit zusammenhängenden Aufwendungen.
Latente ErtragsteuerBei der Bewertung für Zwecke des Zugewinnausgleichs und für erbrechtliche Auseinandersetzungen
wird eine fiktive Veräußerung des Unternehmens an Dritte unterstellt. Die bei einer Veräußerung entstehende Steuerlast ist sowohl
bei einer Bewertung im Anfangs- als auch im Endvermögen zu berücksichtigen. Zu Einzelheiten siehe den folgenden Link:
Latente Ertragsteuer.
Abschreibungsbedingter SteuervorteilBeim Kauf einer Personengesellschaft oder eines Einzelunternehmens kann der
Käufer den Firmen-/Geschäftswert und weitere im Kaufpreis enthaltene stille Reserven über eine Laufzeit abschreiben.
Dieser abschreibungsbedingte Steuervorteil (TAB - tax amortisation benefit) hält das Institut der Wirtschaftsprüfer für
einen grundsätzlich in voller Höhe zu berücksichtigenden Wert, der dem Abzug der latenten Ertragsteuer entgegenwirkt. Eine
Rechtsprechung zum Ansatz dieses Wertes liegt bisher nicht vor.
VerfügungsbeschränkungenGesellschaftsverträge enthalten teilweise Einschränkungen bezüglich der Möglichkeiten zum Verkauf
der Gesellschaftsanteile oder Abfindungsklauseln. Bei Bewertungen für familien- und erbrechtliche Anlässe können diese Einschränkungen
durch einen Abschlag anhand von objektiven Kriterien im Einzelfall zu berücksichtigen sein. Ein pauschaler geschätzter Abschlag
ohne Begründung für den Einzelfall ist aber nicht ausreichend.
Inflationsanpassung (Indexierung) Das Anfangsvermögen ist beim Zugewinnausgleich anhand des Preisindexes für die
Lebenshaltungskosten an das Preisniveau des Endvermögens anzupassen, damit der reale und nicht der nominale Zugewinn ausgeglichen
wird. Die Indexierung nimmt das Familiengericht vor.